Elektronische Rechnung (e-Rechnung) für Sachverständige?

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Nach § 5 Abs 2 IKT-Konsolidierungsgesetz – IKTKonG (BGBl I 2012/35) sind ab 2014 alle Vertragspartnerinnen oder Vertragspartner von Bundesdienststellen oder deren sonstige Berechtigte im Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Bundesdienststellen zur Ausstellung und Übermittlung von e-Rechnungen verpflichtet. Eine elektronische Rechnung (e-Rechnung) ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt, gesendet, empfangen und verarbeitet wird. Die e-Rechnung wird nur dann als Rechnung anerkannt, wenn die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts sowie die Lesbarkeit gewährleistet sind. Die e-Rechnung hat zumindest die im § 11 Abs. 1 UStG 1994 genannten Rechnungsmerkmale zu enthalten (§ 5 Abs 1 IKT-KonG).

Aus Anlass der Anfrage eines Mitglieds wurde eine Klärung versucht, ob diese Regelungen auch auf die Tätigkeit von Gerichtssachverständigen im Auftrag des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft anzuwenden sind.

Das ressortzuständige Bundesministerium für Finanzen vertrat über Anfrage des Hauptverbandes mit Schreiben vom 18.3.2013 (BMF-111500/0008-V/3/2013) die Ansicht, da Sachverständige und Dolmetscher für die Bundesdienststelle (zB Gericht oder Staatsanwaltschaft) Dienstleistungen erbringen, seien auch sie jedenfalls vom Begriff der „Vertragspartner“ des § 5 Abs 2 IKTKonG umfasst. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Sachverständigen oder Dolmetscher in einem öffentlich-rechtlichen oder einem privatrechtlichen Schuldverhältnis stehen. Die jeweiligen Ansprüche seien über das Unternehmensserviceportal im Sinn des § 5 Abs 2 IKT-KonG geltend zu machen.

Nun hat das Bundesministerium für Justiz in einem ausführlich begründeten Schreiben vom 20.3.2013, BMJ-Z11.856/0001-I 6/2013 überzeugend dargestellt, dass dem nicht so ist, weil 

  • das GebAG in seinen §§ 38 bis 42 verfahrensrechtliche Sonderbestimmungen enthält, die grundsätzlich für alle gerichtlichen Verfahrensarten gelten und als abschließende, sonstige Verfahrensvorschriften bzw. Vorschriften zur Geltendmachung eines Anspruchs verdrängende Regelungen anzusehen sind
  • Gegenstand des Bestimmungsverfahrens der Gebührenanspruch des Sachverständigen ist
  • der Sachverständige mit seinem Gebührenantrag (Honorarnote) keine „Rechnung“ legt, sondern ein eigenes Rechtschutzbegehren stellt, das von jenem des Hauptverfahrens zu unterscheiden ist
  • durch die GebAG-Novelle 1994 das Gebührenbestimmungsverfahren im Hinblick auf rechtstaatliche Überlegungen im Sinn des Artikel 6 MRK – vor allem bezüglich des rechtlichen Gehörs – neu gestaltet und zu einem umfassenden erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren mit Antrags- und Äußerungsrechten der wirtschaftlich Beteiligten umgewandelt wurde
  • dieses Verfahren nunmehr ein vollständiges Zwischenverfahren über den als eigenen Rechtschutzanspruch aufzufassenden Honoraranspruch des Sachverständigen darstellt
  • dieses Verfahren – unabhängig von den sonstigen für das Hauptverfahren geltenden Verfahrensvorschriften – weitgehend einem eigenen Zivilprozess nachgebildet ist, in dem sowohl der Honoraranspruch des Sachverständigen als auch alle Einwendungen der Parteien oder sonst wirtschaftlich Betroffenen vollständig vorgebracht und alle Beweise und Bescheinigungen aufgenommen werden
  • die Besonderheit dieses Verfahrens auch daraus folgt, dass § 38 Abs 1 GebAG ausdrücklich auch die mündliche Geltendmachung der Gebühr zulässt
  • daher die besonderen Verfahrensregeln des GebAG insgesamt als Spezialgesetze den Regelungen des IKT-KonG vorgehen und durch diese nicht ausgehebelt werden können.

Eine Verpflichtung zur Einhaltung der Vorgaben des § 5 Abs. 2 IKTKonG bei der Geltendmachung eines Gebührenanspruchs nach dem GebAG besteht daher aus der Sicht des Bundesministeriums für Justiz nicht.

Das Bundesministerium für Justiz hat auch das Bundesministerium für Finanzen von seiner Rechtsauffassung in Kenntnis gesetzt.

Vor diesem Hintergrund ist daher nicht zu erwarten, dass Sachverständige ab 2014 ihre öffentlich-rechtlichen Gebührenansprüche mittels e-Rechnung geltend machen müssen. Allerdings bleibt die weitere (Rechts-) Entwicklung abzuwarten.       

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